Ganz vernünftige Menschen

Die Tragödie im Krefelder Zoo bewegt die Menschen: Trauer und Betroffenheit, Beileid und Solidarität im ganzen Land, ein Blumen- und Kerzenmeer am Ort des Infernos.

Im Anschluß an die Trauerfeier geht es für die weinenden Massen bestimmt nicht zum nächsten Discounter, schnell das Schnitzel im Sonderangebot sichern. Oder doch?

Man könnte sich das Fleisch abends genüßlich in den Bauch schlagen, während auf der Mattscheibe das Dschungelcamp aus Australien flimmert. Das ist doch verlockend! Direkt im Anschluß bleibt noch genug Zeit, brennende Tiere in irgendeiner Sondersendung zu betrauern und die australische Regierung zu verdammen. Ich bin ein Koala, holt mich hier raus! Schnell noch eine Träne verdrücken, berührt sein und dann ab ins Bett.

Die tierische Doppelmoral haben sich die Deutschen sogar in ihr Bürgerliches Gesetzbuch geschrieben. Paragraph 90a sagt es ganz klar: Tiere sind keine Sachen, aber es gelten für sie dieselben Vorschriften wir für Sachen. Die juristische Doppelzüngigkeit finden wir auch im Tierschutzgesetz: Nur aus vernünftigem Grund darf man Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Was vernünftig ist, das bestimmt immer noch der Mensch. Silvester wird man ja wohl noch ganz vernünftig durchdrehen dürfen, und wenn dann dummerweise ein paar Affen sterben, dann ist das eben Sachbeschädigung. Klingt doch vernünftig.

Wenn die Menschen das Saufen, Fressen und Feiern satt haben, dann gehen sie in die Politik und üben Macht aus, so der Schriftsteller Raphaelides. Kein Wunder, daß sie so eine Menschenmoral in ihre Menschengesetze schreiben.