Offener Brief an die Bundeskanzlerin vom 7. Dezember 2018

Verbot von Feuerwerken

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

als im März 2011 die Katastrophe von Fukushima die Welt erschütterte, zögerten Sie nicht und beschlossen mutig das Atom-Moratorium. Sie gaben dem Schutz des Lebens den Vorzug vor allen anderen Erwägungen. Schützen Sie uns heute mit demselben Mut und derselben Entschlossenheit vor den fatalen Folgen des Silvesterfeuerwerks!

Nach höchst offiziellen Zahlen des Umweltbundesamtes werden in der Silvesternacht 5.000 Tonnen Feinstaub der Partikelgröße PM 10 emittiert. Dies entspricht unfaßbaren 17 % der jährlich durch den Straßenverkehr freigesetzten Menge – in einer einzigen Nacht. [1] Feinstaub wirkt sich unmittelbar auf die Gesundheit aus und trägt zum Klimawandel bei. UN-Generalsekretär António Guterres übertreibt nicht, wenn er feststellt, daß der Klimawandel bereits jetzt zu einer Frage von Leben und Tod geworden ist.

Die Republik streitet über Dieselfahrverbote, die Teilnehmer der Welt-Klimakonferenz in Kattowitz ringen um einen Konsens, 600.000 Kinder sterben jährlich an den Folgen verschmutzter Luft. [2] Wir Deutschen aber feiern den Jahreswechsel, als gäbe es kein Morgen mehr. Unser Verhalten erinnert an das der Musiker auf der sinkenden Titanic, die bis zum bitteren Ende weiterspielten. Ihr Untergang war unausweichlich, aber wir können das Ruder noch rumreißen – wenn wir jetzt handeln. Keine Maßnahme zur Reduktion der Feinstaub-Emissionen ist leichter umzusetzen als der Verzicht auf Feuerwerk. Nutzen wir die Chance!

Vor Jahren waren wir noch einsame Rufer in der Wüste, als wir die fatalen Folgen des Feuerwerks für Gesundheit und Natur in die Öffentlichkeit trugen. Heute sind wir viele: Quer durch die Republik versuchen Menschen auf lokaler Ebene, Feuerwerksverbote zu erreichen. Doch die Bemühungen scheitern immer wieder am Verweis auf Zuständigkeiten – Sprengstoff ist Bundessache. Daher wenden wir uns an Sie:

Sprengstoffgesetz und zugehörige Verordnungen erlauben die mutwillige Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Setzen Sie dem Wahnsinn ein Ende, im Eilverfahren. Dieser skandalöse Zustand läßt sich durch nichts rechtfertigen, auch nicht durch Tradition und Brauchtum. Shakespeares Hamlet spricht die Wahrheit aus: Einen schlechten Brauch ehrt man am besten, indem man mit ihm bricht.

Seien Sie wieder mutig und handeln Sie in unser aller und dem Interesse der nachfolgenden Generationen. Wir sind uns sicher: Als Ehrenfrau können Sie dem wahnsinnigen Treiben nicht tatenlos zusehen.

 Mit freundlichen Grüßen

 Dr. G. Pandalis

[1]
Umweltbundesamt: Dicke Luft zum Jahreswechsel.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/dicke-luft-jahreswechsel
(Abfragedatum 7.12.18)

[2]
WHO: More than 90% of the world’s children breathe toxic air every day.
https://www.who.int/news-room/detail/29-10-2018-more-than-90-of-the-world%E2%80%99s-children-breathe-toxic-air-every-day

(Abfragedatum 7.12.18)

 

Rückmeldungen und Leserbriefe

Mittlerweile erreichten uns viele Zuschriften, von denen wir hier einige wiedergeben möchten:

[I]ch kann diesem offenen Brief an die Bundeskanzlerin nur beipflichten. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, auch ich bin gegen diese Silvesterfeuerwerke und hoffe, daß es bald ein Ende hat.
Ellen Voß

 

Wir sind innerhalb der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal eine kleine Initiative, die seit 2015 gegen diesen Wahnsinn ankämpft. Wir haben 30 Briefe an alle Regierungsstellen in Berlin, München, an alle unsere Bürgermeister, geschrieben - ohne erkennbaren Erfolg! Jeder schiebt dem anderen den schwarzen Peter zu. Im vergangenen Jahr haben wir 5000 Flyer gedruckt, sowie ein Plakat, und haben alles unter die Leute gebracht. Gerade am Tegernsee haben wir das zusätzlich Problem der unzähligen öffentlichen und privaten Feuerwerke, die zu jedem noch so nichtigen Anlaß in die Luft geschossen werden und die Natur mit Schwermetallen und Feinstaub weiter vergiften. [...]
Im vergangenen Jahr hatten wir den Touristikchef der Gemeinde Ramsau, Fritz Rasp, zu einem Vortrag in Rottach/Kreuth. Er berichtete uns, daß sich in Ramsau  alle einig waren - keine Feuerwerke mehr, keine Böller. Stattdessen hörten die Menschen herrliche Trompetenklänge und erfreuten sich an unzähligen Teelichtern. Die Menschen waren begeistert. Man sieht, so geht es auch.
Im Zusammenschluß sind wir stark !
Angela Brogsitter-Finck (Vorsitzende Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal)

http://www.schutzgemeinschaft-tegernseer-tal.de/

 

Keinen Cent für Knaller, Raketen und sonstiges Feuerwerk. Das Gleiche gilt auch für anderes, was Krach macht und Schaden zufügt. Also bitte auch kein Geld mehr für Gewehre, Panzer oder Kampfjets ausgeben!
K.H., freier Journalist

 

Ganz wunderbare Aktion, die ich sehr unterstütze! Es fühlt sich für mich so an, als würde dieser Feuerwerks-Irrsinn jedes Jahr schlimmer, seit 2 oder 3 Jahren betrete ich in der Silvesternacht nicht mehr unseren Balkon, weil es dermaßen stinkt ???? und man sofort schlimmen Hustenreiz bekommt - und ich habe eigentlich keine Atemwegserkrankungen!
Angelika Engelhard

 

Sie haben völlig recht. Ihr offener Brief an die Bundeskanzlerin hat meine volle Zustimmung. Auch wir sind seit Jahren in der Silvesternacht damit beschäftigt, die Tiere und Kleinkinder der Familie zu beruhigen. Und freuen uns, wenn dann oft erst gegen 2:00 Uhr am Neujahrstag wieder Ruhe einkehrt. [...]Wer würde sie eigentlich vermissen, die „Dicke Luft zum Jahreswechsel“?
E.B.J.

 

Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu. Der Druck aus der Bevölkerung muss steigen, die genannten Fakten müssen in allen Medien kundgetan werden und alle Betroffenen müssen sich zusammentun! Beim Bleigießen gibt es schon ein Verbot, beim Feuerwerk noch nicht – wer hat da wohl die bessere Lobby-Arbeit verrichtet? Wichtig ist, dass Feuerwerksverbote nicht nur wegen der Brandgefahr ausgesprochen werden, sondern auch und insbesondere wegen der fatalen Folgen für viele wildlebende Tiere und Haustiere. Unsere Hunde dürfen einmal im Jahr bei uns im Bett mit schlafen - und das ist zu Sylvester, weil sie soviel Angst haben.
Dirk von Seht