Omega-3-Fettsäuren: Obacht bei Hochdosispräparaten

Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen auf den Artikel „Bei Omega-3-Fettsäuren aufgepaßt“ in der Ausgabe 1/22 unserer Urheimischen Notizen, möchten wir etwas Licht ins Dunkel bringen.

Für diesen Beitrag haben wir die Ergebnisse aktueller Studien berücksichtigt. Dabei hat sich herausgestellt: Eine zusätzliche Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren steigert, abhängig von der Dosis, das Risiko für Vorhofflimmern (1). Die Betonung liegt hier auf dem Wort „zusätzlich“. Denn die Teilnehmer der Studien nahmen die verschiedenen Omega-3-Fettsäuren als hochdosierte Präparate ein, ergänzend zu ihrer normalen Ernährung. Wer sich jedoch ausgewogen ernährt*, braucht in der Regel keine weitere Omega-3-Quelle.

Unstrittig ist, daß ein gesunder Körper die verschiedenen Omega-3-Fettsäuren, wie α-Linolensäure (ALA), Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) braucht, damit seine Membranenfluidität sichergestellt ist. Ein Mangel ist schädlich (2). Allerdings gilt auch hier: Entscheidend ist die Dosis und die Herkunft (synthetisch oder natürlich). Laut Bundesinstitut für Risikobewertung kann eine zusätzliche Zufuhr dieser Säuren eine Erhöhung des LDL-Cholesterins, die Beeinträchtigung der Immunabwehr bei älteren Menschen und eine erhöhte Mortalität bei kardiovaskulären Vorerkrankungen zur Folge haben (3).

Auch synthetische Omega-3-Präparate selbst sind nicht unproblematisch: Durch die ungesättigten Verbindungen sind sie sehr reaktionsfreudig und neigen zur Lipidperoxidation, was bedeutet, daß sie noch in der Verpackung ranzig und dadurch für den Körper unverträglich werden. In mehreren Untersuchungen waren davon bis zu 20% der Omega-3-Produkte betroffen (4). Durch diese Reaktion entstehen vermehrt freie Radikale.

Viel zu häufig setzen Menschen auf künstliche Hochdosispräparate, ohne den Sinn zu hinterfragen oder gar über den potentiellen Schaden informiert zu sein. Prominentes Beispiel hierfür ist β-Carotin (siehe UHN 1/2007 und „kurz & bündig“ in UHN 3/2016). Hochdosierte Präparate müssen seit 2006 einen Warnhinweis tragen, da sie bei längerer Anwendung das Lungenkrebsrisiko erhöhen. Raucher sind hiervon besonders betroffen (5).

 
Quellen

(1) Gencer B, Djousse L, Al-Ramady OT, Cook NR, Manson JE, Albert CM. Effect of Long-Term Marine ɷ-3 Fatty Acids Supplementation on the Risk of Atrial Fibrillation in Randomized Controlled Trials of Cardiovascular Outcomes: A Systematic Review and Meta-Analysis. Circulation. 2021 Dec 21;144(25):1981-1990.

(2)] Metcalf RG, Skuladottir GV, Indridason OS, Sullivan TR, Bjorgvinsdottir L, Sanders P, Arnar DO, Gibson RA, Heidarsdottir R, Cleland LG, Palsson R, Farquharson AL, Young GD, James MJ. U-shaped relationship between tissue docosahexaenoic acid and atrial fibrillation following cardiac surgery. Eur J Clin Nutr. 2014 Jan;68(1):114-8.

(3) BfR: Für die Anreicherung von Lebensmitteln mit Omega-3-Fettsäuren empfiehlt das BfR die Festsetzung von Höchstmengen Stellungnahme Nr. 030/2009 des BfR vom 26. Mai 2009.

 (4) The Guardian: Revealed: many common omega-3 fish oil supplements are ‘rancid’. 17. Januar 2022.
https://www.theguardian.com/environment/2022/jan/17/revealed-many-common-omega-3-fish-oil-supplements-are-rancid 

 
(5) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Bescheid vom 07.12.2005 bezüglich des Anhörungsschreibens der Stufe II vom 11.06.2003.

 

*Veganer greifen z.B. auf Nüsse, Oliven und Leinsamen und Menschen, die Mischkost zu sich nehmen, ab und an auf fetten Fisch wie Hering und Makrelen zurück.