Spargel: Zart und lecker durch Chemotherapie und Folie

Pflanzen sind künstlich manipuliert / Plastik landet tonnenweise im Meer und gefährdet die Gesundheit

Auf dem Teller verlockend – für die Umwelt eine Gefahr: Spargel wird landauf, landab unter oft mehrlagiger Plastikfolie angebaut. Quadratkilometerweise deckt man die Erde ab, damit der Spargel eher treibt als die Natur vorsieht. Einziges Ziel: die Konkurrenz aus klimatisch günstigeren Ländern wie Griechenland durch noch früheren Saisonstart auszustechen. Wie man die Setzlinge gewinnt, ist eine Perversion unter Einsatz von Stoffen, die man ursprünglich für die Chemotherapie entwickelt hatte. Was es für unsere Gesundheit heißt, daß alle Spargelpflanzen (auch für Biolandbau) in einem mehrstufigen Manipulationsverfahren (siehe Infokasten) unter Einsatz von Colchicin erzeugt werden, erfahren wir vielleicht in 20 Jahren. Colchicin war einmal als Krebsmittel gedacht, kam wegen seiner Gefährlichkeit jedoch nie zur Anwendung.

Die Folien sind nach Gebrauch so verschmutzt, daß man sie nicht recycelt, sondern durch den Schornstein der Müllverbrennung jagt (Feinstaubbelastung!) – oder mit anderem Plastikmüll nach Asien verschifft. Dort landen pro Jahr 13 Millionen Tonnen Kunststoffe im Meer und werden von der Strömung zermahlen. Mikroplastik heißen die unsichtbar kleinen Teilchen, die wir dann mit Muscheln, Krustentieren und Fisch essen. 11 000 Partikel nimmt der Verbraucher so im Jahr zu sich, sagen Forscher – mit genauso unabsehbaren Folgen für die Gesundheit wie die Manipulation der Pflanzen mittels Colchicin.

Was können wir tun? Auf Spargel verzichten, er ist ohnehin ein Energieräuber. Wir greifen lieber zu Knollen- und Wurzelgemüse aus regionalem kontrolliert biologischen Anbau. Wer Frühling auf dem Teller haben will, denkt daran: Schnittlauch, Frühlingszwiebel und Radieschen tun es auch, sogar besser.          

So produziert man Spargel

Um die modernen Spargelpflanzen zu erzeugen, die der Bauer aufs Feld pflanzt, schöpfen die industriellen Züchter die Möglichkeiten moderner Labortechnik aus. Der Prozeß läuft in Stufen ab.
Stufe 1: Die Pollensäcke des Spargels werden geöffnet, die Pollen (männl. Samenzellen) kommen in ein Nährmedium – so daß sie entgegen der Natur erneut mit der Zellverdoppelung beginnen.
Stufe 2: Man setzt Colchicin ein. Der Wirkstoff wurde Anfang der 1960er-Jahre als Krebsmittel (Zellwachstums-Hemmer) erforscht, ist aber wegen seiner Gefährlichkeit nie eingesetzt worden. Das Colchicin greift im Sinn der Züchter in die Zellvermehrung ein, was eine mutagene Wirkung* haben kann. (Wo ist der Unterschied zum Gen-Mais?). Im Klartext: die Pollen werden behandelt wie eine Krebserkrankung.
Es folgt Stufe 3: Mit genetischen Markern sichert man die gewünschten Ergebnisse.
Stufe 4: Der durch diese Manipulation erzeugte Spargel wird über eine sogenannte Meristemkultur künstlich vegetativ vermehrt – diese Gewebekulturstückchen, man kann sagen: gutartige Wucherungen – werden dann verkauft.
Die Hintergründe der Spargelproduktion sind gemeinhin nicht bekannt. Ein Schelm wer Böses dabei denkt, schließlich verwenden auch Landwirte, die ihren Spargel unter Bio-Label verkaufen, dieselben Pflanzen.

*) Colchicin ist wegen seiner mutagenen Wirkung und wegen seiner Giftigkeit als Gefahrstoff klassifiziert.

Quellen:
Van Cauwenberghe, L et al. Microplastics in bivalves cultured for human consumption, Environmental Pollution, Vol. 193, Okt. 2014, S. 65-70.
Jambeck, JR et al. Plastic waste inputs from land into the ocean, Science, Vol. 347, Feb. 2015, S. 768-771.
NTV, Milliardenschaden durch Müll: Plastik aus dem Meer landet auf dem Teller, Juni 2014.
Klingenschmitt, E, Edelgemüse unter Folie, Tonnen von Plastikmüll für frühen Spargel, SWR Umwelt 2017.
Nat. Nutr. Datab. f. Stand. Ref. Apr 2018.
Souci-Fachmann-Kraut (SFK) 4/2018.
IFA Stoffdatenb. Apr. 2018.